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Bundestagsdrucksachen und Plenarprotokolle zur Organspende


Deutscher Bundestag: Drucksache 13/8026 vom 24.06.1997

Änderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Wolfgang Wodarg, Dr. Herta Däubler-Gmelin, Robert Antretter, Hans-Werner Bertl, Hans Büttner (Ingolstadt), Ursula Burchardt, Hans Martin Bury, Peter Conradi, Christel Deichmann, Dr. Marliese Dobberthien, Petra Ernstberger, Annette Faße, Elke Ferner, Gabriele Fograscher, Dagmar Freitag, Katrin Fuchs (Verl), Uwe Göllner, Günter Graf (Friesoythe), Christel Hanewinckel, Alfred Hartenbach, Dr. Liesel Hartenstein, Reinhold Hemker, Rolf Hempelmann, Reinhold Hiller (Lübeck), Stephan Hilsberg, Frank Hofmann (Volkach), Eike Hovermann, Gabriele Iwersen, Dr. Uwe Jens, Siegrun Klemmer, Nicolette Kressl, Eckart Kuhlwein, Konrad Kunick, Detlev von Larcher, Waltraud Lehn, Erika Lotz, Dr. Christine Lucyga, Heide Mattischeck, Ulrike Mehl, Herbert Meißner, Angelika Mertens, Günter Oesinghaus, Manfred Opel, Adolf Ostertag, Albrecht Papenroth, Karin Rehbock-Zureich, Otto Schily, Horst Schmidbauer (Nürnberg), Regina Schmidt-Zadel, Walter Schöler, Gisela Schröter, Reinhard Schultz (Everswinkel), Dr. R. Werner Schuster, Dr. Angelica Schwall-Düren, Horst Sielaff, Erika Simm, Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast, Wolfgang Spanier, Dr. Dietrich Sperling, Wolfgang Thierse, Franz Thönnes, Uta Titze-Stecher, Ute Vogt (Pforzheim), Reinhard Weis (Stendal), Matthias Weisheit, Gert Weisskirchen (Wiesloch), Hildegard Wester, Heidemarie Wieczorek-Zeul, Hanna Wolf (München)

zur zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P.

- Drucksachen13/4355, 13/8017 -

Entwurf eines Gesetzes über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen (Transplantationsgesetz - TPG)

Der Bundestag wolle beschließen:

§4 wird wie folgt gefaßt: "§4 Einwilligung

(1) Eine Einwilligung gemäß §3 Abs.1 Nr.1 erster Halbsatz liegt vor, wenn der mögliche Organspender einer Organentnahme höchstpersönlich schriftlich zugestimmt hat.

Für eine Organentnahme nach §3 Abs.1 Nr.3 (Entnahme von Leichenteilen) ist abweichend von Satz1 der mutmaßliche Wille des Organspenders als Voraussetzung für eine Organentnahme ausreichend.

Hat der Organspender das sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet, obliegt die Einwilligung den Personensorgeberechtigten, sofern der mögliche Organspender nicht widersprochen hat.

(2) Der letztbehandelnde Arzt hat Ablauf, Inhalt und Ergebnis seiner Bemühungen zur Feststellung einer Einwilligung gemäß Absatz1 Satz3 aufzuzeichnen. Die Beteiligten haben das Recht auf Einsichtnahme."

Folgeänderungen

1. §2 Abs.1 Satz1 wird wie folgt geändert:

Nach den Worten "die Voraussetzungen" werden die Wörter "und die Durchführung" eingefügt.

2. §2 Abs.2 wird wie folgt gefaßt:

"(2) Wer eine Erklärung zur Organspende abgibt, kann in eine Organentnahme nach §3 einwilligen oder ihr widersprechen (Erklärung zur Organspende). Die Erklärung kann auf bestimmte Organe beschränkt werden. Die Einwilligung kann vom vollendeten sechzehnten, der Widerspruch vom vollendeten vierzehnten Lebensjahr an erklärt werden."

Bonn, den 24. Juni 1997

Dr. Wolfgang Wodarg Dr. Herta Däubler-Gmelin Robert Antretter Hans-Werner Bertl Hans Büttner (Ingolstadt) Ursula Burchardt Hans Martin Bury Peter Conradi Christel Deichmann Dr. Marliese Dobberthien Petra Ernstberger Annette Faße Elke Ferner Gabriele Fograscher Dagmar Freitag Katrin Fuchs (Verl) Uwe Göllner Günter Graf (Friesoythe) Christel Hanewinckel Alfred Hartenbach Dr. Liesel Hartenstein Reinhold Hemker Rolf Hempelmann Reinhold Hiller (Lübeck) Stephan Hilsberg Frank Hofmann (Volkach) Eike Hovermann Gabriele Iwersen Dr. Uwe Jens Siegrun Klemmer Nicolette Kressl Eckart Kuhlwein Konrad Kunick Detlev von Larcher Waltraud Lehn Erika Lotz Dr. Christine Lucyga Heide Mattischeck Ulrike Mehl Herbert Meißner Angelika Mertens Günter Oesinghaus Manfred Opel Adolf Ostertag Albrecht Papenroth Karin Rehbock-Zureich Otto Schily Horst Schmidbauer (Nürnberg) Regina Schmidt-Zadel Walter Schöler Gisela Schröter Reinhard Schultz (Everswinkel) Dr. R. Werner Schuster Dr. Angelica Schwall-Düren Horst Sielaff Erika Simm Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast Wolfgang Spanier Dr. Dietrich Sperling Wolfgang Thierse Franz Thönnes Uta Titze-Stecher Ute Vogt (Pforzheim) Reinhard Weis (Stendal) Matthias Weisheit Gert Weisskirchen (Wiesloch) Hildegard Wester Heidemarie Wieczorek-Zeul Hanna Wolf (München)

Begründung

Die Menschenwürde ist unantastbar - auch für Sterbende. Es gibt keine Rechtfertigung für eine Entscheidung, welche die Integrität der Menschenwürde eines Sterbenden im Interesse Dritter in Frage stellt. Die Entscheidung zur Organspende kann deshalb nur höchstpersönlich getroffen werden. Sie darüber hinaus von Angehörigen zu verlangen, führt regelmäßig zu unlösbaren Gewissenskonflikten.

Organe von einem Menschen zu empfangen, die dieser persönlich und freiwillig gespendet hat, erleichtert es andererseits dem Empfänger, das fremde Organ als eine echte "Spende" anzunehmen. Dadurch wird es Spender und Empfänger möglich, einander jenen Respekt für die Würde und Autonomie des jeweils anderen zu erweisen, der das Menschliche ausmacht.

Die Transplantationsmedizin ist nur dann vor dem Ruch zu bewahren, hauptsächlich von Interessen der "Organgewinnung", ja des Geschäftlichen bestimmt zu sein, wenn alle Menschen die Sicherheit haben dürfen, daß ihre Ohnmacht im Sterben nicht mißbraucht wird. Die bewußte persönliche Einwilligung zur Organspende erleichtert es den letztbehandelnden Ärzten, den Sterbeprozeß ihres Patienten in seinem Sinne zu begleiten. Auf diese Weise wird es vermieden, daß Ärzte im Interesse Dritter sterbenden Patienten oder deren Angehörigen entgegentreten. Genau das hat bei der bisherigen Praxis zunehmend zu Mißtrauen - nicht nur in Bezug auf die Transplantationsmedizin, sondern auch auf die moderne Intensivmedizin - geführt und ist einer der Gründe für die sinkende Organspendebereitschaft der Bevölkerung

Einzelbegründungen

Zu §4

Zu Absatz1

Satz1 konkretisiert, daß vor einer Organentnahme grundsätzlich die schriftlich abgegebene höchstpersönliche Einwilligung des möglichen Organspenders vorliegen muß.

Satz2 geht auf den Sonderfall ein, bei dem z.B. Augenhornhäute, Gehörknöchelchen und andere nicht mehr durchblutete Körperteile von Leichen entnommen werden sollen. In Übereinstimmung mit dem Sektionsrecht und dem Totensorgerecht reicht für eine solche Organentnahme die Zustimmung der nächsten Angehörigen aus, wenn der Organspender zu Lebzeiten hierzu keine höchstpersönliche Willenserklärung abgegeben hat.

Satz3 überträgt für mögliche Organspender, die das sechzehnte

Lebensjahr noch nicht vollendet haben, die Entscheidung über eine Organspende auf die Personensorgeberechtigten. Hat der mögliche Organspender sich erkennbar gegen eine Organspende ausgesprochen, ist auch hier eine Organentnahme unzulässig. Diese Regelung stellt sicher, daß auch in Zukunft eine Organtransplantation bei Kindern möglich bleibt.

Zu Absatz2

Hier wird die Pflicht des letztbehandelnden Arztes zur Dokumentation seiner Bemühungen im Detail beschrieben. Diese Dokumentation bildet ggf. die Grundlage für eine Überprüfung der Gesetzmäßigkeit seines Verhaltens. Dabei kommt den Angehörigen bzw. den anderen befragten Personen eine wichtige Kontrollfunktion zu. Diese haben deshalb das Recht auf Einsichtnahme in das ärztliche Protokoll.

Begründung zu den Folgeänderungen

Zu Nummer 1

Bei der in §2 geforderten Aufklärung muß schon aus rechtlichen Gründen eine Aufklärung der möglichen Organspender auch zur Durchführung der Organentnahme selbst erfolgen.

Zu Nummer 2

In den Sätzen1 und 3 wurde die Möglichkeit festgeschrieben, die Entscheidung über eine Organspende auf Dritte zu übertragen. Diese Passagen sind zu streichen, weil sie nicht mit der vorgelegten Zustimmungsregelung vereinbar sind.

24.06.1997

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update: 10.01.2004    by: Roberto Rotondo