Erfahrungsberichte zur Organentnahme
Erfahrungsberichte von Pflegekräften.
Organentnahme und die Angehörigen
Pflegekraft 1
Pflegekraft 1: Also ich
glaube, ich wäre verzweifelt gewesen, wenn plötzlich jemand
geklingelt hätte, das Telefon geklingelt hätte, und
ein Angehöriger hätte angerufen... Dann weiß ich
gar nicht, was ich gemacht hätte.
Pflegekraft 1: Doch jetzt fällt`s mir
wieder ein. Ich hat mal `n 10 jähriges Kind und dann is es, is
natürlich weniger irgendwie, puh .. ehm, .. gehst noch lustloser
dran, an die Sache."
R. Rotondo:Kannst du
das beschreiben? Was, wie das is? Oder was, was geht dir durch den
Kopf, in so`nem Moment?"
Pflegekraft 1: Das Grauslichste, was ich da erlebt
hab`, war eben, daß die Eltern irgendwie das Kind vorher nicht
gesehen hatten. Die kamen dann danach und nachdem wir es dann schon
versorgt hatten und wollten es noch mal sehen. Und das, ..wir waren
dann im alten OP drüben. Und, die kamen dahinten, irgendwie
an die Klappe .. und es war wieder so toll koordiniert von .. von
irgend `nem Arzt, daß auf der anderen Seite, des OP`s der
Leichentransport war, die um das Kind abzuholen (hm, hm).
Und, ...und auf der
anderen Seiten kamen die Eltern.. und des, ja es gab auch, gibt
auch keinen Raum oder es gibt jetzt keinen und es gab früher
keinen, wo man irgendwie, sowas vielleicht für die Eltern
recht (ja, ja) .. ja, angenehm machen kann. Weil`s nich geht
und das Kind wurde eben dann, dann da rausgeschoben, von dem Trakt,
auf der Flur. Eh, `nen Anästhesist, der Oberarzt war noch dabei
und und.
Die ganze Zeit ist mal das Kind auch,
hat das Kind auch nit irgendwie wo alleine, mit den Eltern lassen
wollen . Irgendwie kamen wir dann auf die Idee, da Stühle
heraus zu stellen... Und ja, der Anästhesist stand .. am Fußteil
des Bett..es, des Tisches. Und, .. ja das Kind is halt eingewickelt
in `n Leintuch und auch der Kopf irgendwie freigelegt und am Kopfteil
standen die Eltern und setzten sich nicht nieder. .. Ja und, ..
irgendwie hab ich die drei dann so stehen lassen und bin auch
gegangen. ...*
* Quelle: Interviewaufnahmen, die Roberto Rotondo mit Pflegekräften für seine Diplomarbereit "Belastung und Bewältigung von Pflegekräften in der
Transplantationsmedizin." im Studiengang Psychologie des
Fachbereichs Psychologie der Universität Hamburg führte.
Klassifikation: 428 Krisen, Konflikte, Reaktionen und 890
Spezielle Probleme der angewandten Psychologie. Hamburg, den 28.
Juni 1996
Robert Dorner, Krankenpfleger
Robert Dorner:
"Wenn sie als
Krankenschwester/Krankenpfleger bei der Prozedur der Organentnahme
mitmachen, einen Intensivpatienten entgegennehmen, die Klemme
für das Durchlaufen der Perfusionslösung öffnen,
die Sprüche der Ärzte kennen, am Schluß alleine mit
einer entstellten eiskalten Leiche im Saal sind und dann
Eltern miterleben dürfen, die ihren zehnjährigen Sohn gerne
noch einmal sehen würden, da es vor der Entnahme
anscheinend nicht mehr möglich war, wollen Sie vielleicht nur
mehr eines - in die Arme genommen werden.
Dorner, R. Auf der Suche nach dem Menschsein. In: Die Schwester/Der Pfleger Melsungen: Bibliomed, 34. Jahrg. 5/1995 S. 381.